PRODUKTIONEN

 
 
Wer hat Angst vor Virginia Woolf?

 

>>Eine wirklich sehenswerte Inszenierung – balanciert gekonnt zwischen abgründiger Gesellschaftssatire und turbulentem Boulevardtheater<<

(Badische Zeitung Freiburg)

 

>>Menschliche Abgründe zelebriert<<

(Badische Zeitung Waldkirch)

 

>>Eine sehenswerte Arbeit mit hervorragenden Schauspielerleistungen<<

(Manuel Kreitmeier, Kulturjoker Freiburg)

 

>>Eine herausragende Inszenierung – das Beste, was ich im Amateurtheater in den letzten Jahren gesehen habe<<

(Jochen Wietershofer, Fortbildungsbeauftragter für Regie und Schauspiel des LV Amateurtheater Baden-Württemberg, Regisseur und Dramaturg am Badischen Staatstheater Karlsruhe)

Die Theater 1098 - Freiburg Inszenierung  „Wer hat Angst vor Virginia Woolf ?“ (Edward Albee) von der Fachjury des Deutschen Amateurtheatertages Schwedt 2008 für den Deutschen Amateurtheaterpreis 2008 nominiert!

Das Freiburger Theater 1098 präsentiert in Wiederaufnahme 2010 seine von Publikum und Kritik gefeierte Inszenierung dieses Kult-Klassikers aus dem Jahre 1962 (berühmt die Verfilmung von Mike Nichols mit u.a. Elizabeth Taylor und Richard Burton) als Schauspielertheater!

Lüge oder Wahrheit, Spiel oder Realität ? Albees Beziehungsdrama um zwei Akademikerpaare im Osten der USA hat seit jeher gespalten: geniale Abrechnung mit dem American Way of Life oder zynischer intellektueller Modellversuch über die Unfähigkeit der Menschen sich gesellschaftlichen Normen zu entziehen und das eigene Glück zu suchen?

Jedenfalls gehört das Stück zu den großen Klassikern der amerikanischen Literatur. Mit schwarz-groteskem Witz stellt sich Albee in eine Reihe mit Beckett, Ionesco, Arthur Miller, Tennessee Williams u.a.

Die Freiburger Truppe untersucht, gewürzt mit Live-Musik der 60er und einem Anflug von Ironie, u.a. inwieweit wir heute, um Erfahrungen von zwei Generationen, der Frauen- und anderer Bewegungen reicher, dem alltäglichen Irrsinn um kleine und große Lügen zum Trotz in Richtung auf die Fähigkeit zur Wahrheit weiter gekommen sind. Eine Inszenierung, die garantiert niemanden unberührt lässt!

Es spielen unter der Regie von Dietmar Berron-Brena und der musikalischen Leitung von Sven Graf in wechselnder Besetzung:

George: Walter Rohrer / Ulrich Großmann (Gast vom Theater UnKraut Waldkirch) Martha: Maria Jasper / Nicole Djandji (Gast von Freistil Freiburg),Nick: Boris Doll / Daniel Leers (Gast vom Ali-Theater WT-Tiengen)/ Florian Kollert ,Baby:  Sonja Engler / Melanie Metzger (Gast vom Theater UnKraut Waldkirch),Piano, Dad: Gottfried Beck (u.a. auch Trio Retro Freiburg)

2007-2009 Gastspiele u.a.: Kunstetage Theater Hans Dürr, Alemannische Bühne, Wallgraben-Theater (alle Freiburg), Schlosskeller Emmendingen, Theater in der Kantine und Theatermarathon Kulturkathedrale Fabrik Sonntag Waldkirch, Maritim-Hotel Titisee-Neustadt, 2010 u.a. Kultursommer Ebnet, Kulturwoche Staufen, Ali-Theater Waldshut-Tiengen, Alemannische Bühne Freiburg, Marstallgarten Kirchheim/Teck

 

Das Stück

„Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ wurde am Broadway im Billy Rose Theater am 13. Oktober 1962 uraufgeführt (Regie: Alan Schneider). In Deutschland erfolgte die deutschsprachige Uraufführung am 13.10.1963 im Schloßparktheater in Berlin in der zeitgemäß etwas „entschärften“

Übersetzung von Pinkas Braun (Regie. Boleslaw Barlog mit Maria Becker und Erich Schellow).

1963 wurde es mit dem Tony Award for Best Play ausgezeichnet und 1962/3 mit dem New York Drama Critics’ Circle Award for best play.

Für den Pulitzer Prize for Drama von 1963 wurde es ebenfalls nominiert, das Beratungsgremium war jedoch gegen die Entscheidung des Komitees und somit kam es nicht zu einer Auszeichnung. Gründe für diese Entscheidung waren die für damalige Verhältnisse zu obszöne Sprache und die sexuelle Thematik.

2004 begann eine neue Broadway - Produktion des Stücks unter der Regie von Anthony Page. Bis Mai 2007 wurde es an verschiedenen Orten, darunter London, Los Angeles und San Francisco aufgeführt und gewann auch diesmal Auszeichnungen.

Im deutschsprachigen Raum gehört es noch heute zu den meistgespielten Stücken auf Kammerbühnen der staatlichen Theater. Die Hollywood-Verfilmung aus dem Jahre 1963 von Mike Nichols mit Elizabeth Taylor als Martha und Richard Burton als George folgte in weiten Strecken der Broadway-Inszenierung mit den beiden, damals miteinander verheirateten Starschauspielern und erhielt bald Kultstatus. Das Publikum vermutete – wahrscheinlich nicht zu Unrecht – Parallelen im Stück mit der tatsächlichen Eherealität des Starduos.

Wahrheit und Lüge/Illusion ist ein großes Thema der modernen amerikanischen Dramen und wurde in den Sechzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts nicht nur von Edward Albee, sondern auch von Arthur Miller und Tennessee Williams aufgegriffen. Albee stellt sich aber auch in die Linie der dramatischen Beziehungsanalytiker von Strindberg über O’Neill zu Beckett und Ionesco.

In der Literatur wird es der Gattung „ritualistic drama“ zugeordnet:

es gibt keine Spielchen ohne Schmerzen, die kunstvoll und nicht zuletzt genussvoll inszenierten „Gesellschaftsspiele“ sind eine Maskerade, hinter der wahre Verletzungen zu verbergen versucht werden.

Die kunstvoll gestrickten Dialoge, kaum an Härte und Zynismus überbietbar, zeichnen sich durch ein perfektes Timing und permanente Themenwechsel mit hintersinnigen und doppelbödigen Anspielungen auf bereits erwähnte, wahre oder suggerierte (?) vorangegangene Informationen aus. Der Zuschauer wird andauernd in Unsicherheit über Motive, Wahrheitsgehalt und Bedeutung der einzelnen Aussagen gehalten, bis sich im 3. Akt („Die Austreibung“) plötzlich die Lösung zu ergeben scheint, oder ist alles doch am Ende nur ein böses, inszeniertes Spiel?

Jedenfalls kann man sich schnell darüber verständigen, dass Albee

nicht nur die amerikanische, sondern vielleicht die allgemein menschliche Tendenz, Illusionen der Realität vorzuziehen, insbesondere die Oberflächlichkeit des American Way of Life in den Fokus genommen hatte.

„Bei näherer Bekanntschaft zeigt das Stück deutliche allegorische Züge, die es in die Sphäre des Absurden rücken. George und Martha tragen nicht nur zufällig die Namen von George Washington und seiner Frau. Dieses Paar ist symbolisch für den Kampf der Geschlechter in Amerika, wo immer der weibliche Teil dominiert und den männlichen in seinem Ehrgeiz zerstört.. Der amerikanische Traum vom guten Leben kann nicht aufrechterhalten werden, weil er auf einer Lüge beruht“ (Martin Esslin in „Theater des Absurden).

Albee spielt schon im Titel mit einer Irreführung, indem er in Abwandlung des Kinderverses „Wer hat Angst vorm bösen Wolf“ ironisch auf eine Ikone der Frauenbewegung, Virginia Woolf, anspielt (er holte sich im Übrigen die Erlaubnis zur Verwendung des Namens der Schriftstellerin von deren Familie). Gleichzeitig wird in der Veränderung der Subtextierung dieses Liedes im Stück aber auch eine Hoffnung gewahr. Die Sympathie zur Konsequenz Virginia Woolfes, die an ihrer bewusst wahrgenommenen Schizophrenie und an der gesellschaftlichen Ächtung ihrer Bisexualität teuflische Qualen litt und sich umbrachte, könnte man der fast zärtlichen Intonation des Verses durch George am Ende entnehmen: eine Liebeserklärung.

Das in homosexuellen Kreisen jener Zeit im übrigen geläufige Motiv: das naturgemäß zur Kinderlosigkeit verurteilte homosexuelle Paar spielt mit einem illusionären Kind, gibt einen weiteren Hinweis, dass die Titelwahl keinen „Zufall“ darstellt und auf eine im puritanischen Amerika besondere gesellschaftliche Lügennotwendigkeit zielte.

Man möchte fast resümieren, dass Albee einen Slogan der 68er im Stück vorweg genommen hat: „macht kaputt, was Euch kaputt macht“, ganz im Sinne der Frankfurter Schule, die in Berkeley zu Beginn der 60er Jahre durch Marcuse und Horkheimer an gesellschaft-lichem Einfluß gewann: nicht die positive Utopie ist das Mittel zur Veränderung, sondern die negative Kritik der die wahren Verhältnisse verschleiernden gesellschaftlichen Ideologien und ihren Verdummungsdrogen:

die heilige Familie, der Alkohol, religiöse Moralismen, Karrierismus, Sexismus, patriarchalische Domestizierungen, Konsumwahn und Modekulte aller Schattierungen werden über drei Stunden bloßgestellt, durch- und dann „wegexorziert“. In diesem Sinne ist das Drama gewalttätig und kompromisslos, jedoch durch und durch human und aufgeklärt.

Die Inszenierung

Beziehungskrieg, Karrierknick, sexuelle Frustration, gesellschaftliche Isoliertheit, politische Hoffnungslosigkeit, Rückzug nach innen, Anpassung und Idealvorstellung, hysterische Kompensationen, Kinderlosigkeit, Missbrauch, physische und psychische Gewalt, Verdrängung, Alkoholismus und Rausch, unerwiderte Vaterliebe, Bildungsbürgertum und Patriarchat, Oberflächlichkeit und American Way of Life, alt gegen neu, Wissenschaft gegen Glaube, Moral gegen Profit: Albees Stück liefert eine unendliche Fülle von Themenmaterial, von welchen einzelne schon genug Stoff für ein eigenes Stück liefern würden. Die Dialoge sind nahezu perfekt gestrickt, der Aufbau folgt klassischen Mustern und strikt der Vorgabe von Einheit von Ort, Raum und Zeit.

Ein Schauspielerstück, ein Parforceritt durch beschädigte Seelen, mit Abgründen so tief, wie kein Auge blicken, kein Ohr hören kann. „Gesellschaftsspiele“, „Walpurgisnacht“ und „Austreibung“, so die Aktüberschriften.

Was aber fällt dem Exorzismus des Autors zum Opfer? Die Interpretationsbreite ist groß. Albee ist sicherlich ein Leidender, v.a. an sich selbst, an verlogenen Kompromissen, an mangeldem Mut zu Wahrheiten, die die eigene Hoffnungslosigkeit nur zementieren. Auf seine Biografie soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden (siehe separaten Beitrag über Autor und Werk). Deutlich wird aber, dass das Stück ein Modellversuch ist, was passiert, wenn lieb/ oder bequem(?) gewordene Lügen mit ihrer radikalen Wahrheit konfrontiert werden. Der Exorzismus soll an den ideologischen, persönlichen und politischen Lügengebäuden ins extrem getrieben werden, für die beispielhaft typisch amerikanische Mittelstandsprovinzler als Funktionsträger auf die Bühne gestellt werden.

Das Setting entspricht so dem idealisierten Amerikabild der 60er Jahre.

Beim ersten Lesen, wie oft nach dem ersten Sehen von Aufführungen der „Virginia Woolf“ entsteht beim Leser/Zuschauer häufig ein tiefes Gefühl von Hoffnungslosigkeit, ja fast Wut über die Unfähigkeiten der Protagonisten, den Zynismus, mit dem Albee diesen gegenübertrtitt. Aber Albee verfügt auch über ein unerschöpfliches Reservoir an, meist bösem, Witz, an sich bis in die groteske Lächerlichkeit hochschaukelnden Wortes-kapaden, mit dem er sich als Zeitgenosse Ionescos, Becketts und herausragender Vertreter des modernen amerikanischen Theaters erweist.

Und letztendlich klammert er sich doch an eine, wenn auch erst diskredierte, Hoffnung: der Liebe, wenn auch bar aller romantisierender Klischees, eher in Form einer erkämpften Vertrauensbeziehung radikal aufgeklärter und reflektierter Partner. Der Exorzismus in „Virginia Woolf“ könnte auch mit einer besonders intensiv geführten freudianischen Analyse verglichen werden, die alle verdrängten, abgespaltenen Traumata ans Licht bringt und durch bewusstes Durchleben der traumatischen Situation eine Heilungschance gibt. Marthas Vater steht als Über-Ich-Figur sexuell über Marthas Liebeswünschen, dominiert Inzestwünsche und weiblich ödipale Strukturen, aber er dient auch als scheinbar uneinnehmbare gesellschaftliche Moralfestung der Unterdrückung der im Grunde emanzipativen, rebellischen Persönlichkeit des George, der nur durch Zerstörung dieses Gebilde zu seinem wahren Ich finden kann.

Hier findet auch ein zutiefst männlich angelegter Diskurs statt über die Attribute einer konformen Männlichkeit der 60er Jahre: gesellschaftliche Macht, sexuelle Potenz, kanalisiert in der Rolle des dynastie-erhaltenden Familienvaters, intellektuelle Anpassung sind die Wertefaktoren, die zählen. George entspricht dem genau so wenig, wie Albee (der auch Adoptivkind war, der auch, wie George seine Homosexualität öffentlich zunächst verschwieg.

Nick dagegen scheint dies alles zu verkörpern, und wirkt daher im Vergleich zu George eher gesichtslos, langweilig, opportunistisch, ohne Chance auf eine persönliche Katharsis und damit entwicklungslos.

Die Frauen dagegen sind gefangen unter beiden Männlichkeitsdogmen, sowohl dem unaufgelöst negativen von George, an dessen Verhaltenheit Martha schier verzweifelt und trotz aller emanzipativen Bedürfnisse doch nicht in der Lage ist gegen das zu revoltieren, was sie kaputt macht, sondern flüchtet in den Alkohol, in eine irreale Fantasiewelt, in die arme junger Männer, die sie ausnutzen.

Oder Baby, die die Revolte gar nicht erst ins Herz gelassen hat, sondern sich mit ihrem Leiden abgefunden zu haben scheint. Auch sie flüchtet vor sich und den anderen in Alkohol, körperliche Verweigerung, Hysterie. Die Frauen sind von den nicht mehr männlichen Männern deformiert und noch nicht in der Lage, durch Kampf gegen das unterdrückende Prinzip dagegen zu revoltieren. Wir sind im Jahre 1962: die Werte brüchig, die Welt im Umbruch, die Systeme im kalten Krieg.

Albees Stück ist ein Wendestück, ein vorrevolutionäres, und dadurch für uns noch heute spannend. Sind wir wirklich aufgeklärter, emanzipierter, freier, liebesfähiger, 45 Jahre später?

Oder haben wir uns schon wieder angepasst, in Lügen verstrickt, die irgendwann wieder radikal exorziert werden müssen?

Ist das Albeessche Modell der Lügenaustreibung für uns noch so faszinierend, wie es in den 60er Jahren war, damals für viele ein Kultstück als Vorbild für eigene Beziehungsführungen, eine Rebellion gegen die klassischen Ehemodelle der Eltern- und noch mehr Großelterngenerationen?


Das Personal
George -  Walter Rohrer / Ulrich Grossmann / Dietmar Berron-Brena
Martha - Maria Jasper / Nicole Djandji / Angelika Rissler
Nick - Daniel Leers / Boris Doll / Florian Kollert
Baby - Melanie Metzger / Sonja Engler / Selina Keppler
Dad / Piano - Gottfried Beck

Regie - Dietmar Berron-Brena
Regieassistenz, Soufflage - Anna Söllmann / Yoko Kaluza
Dramaturgieassistenz - Bernd Falk
Bühnenbild - Dietmar Berron-Brena
Bühnenbau - Matthias Weiser, Ensemble
Musikarrangements, musikalische Leitung - Sven Graf
Kostüme - Maria Jasper, Mariella Burk, Boris Schneider
Requisite - Angelika Rissler / Boris Doll
Finanzen - Walter Rohrer, Selina Keppler
Licht und Tontechnik - Christian Reise, Alex Dannemann
Tonaufnahmen - Johannes Wolfsperger
Layout, Plakat - Ursi Aeschbrenner, Verlag „Die Brotsuppe“, Biel
Fotos - Gabi Großmann, Rolf Obergfell, Boris Doll, Florian Kollert
Auftrittsorganisation - Dietmar Berron-Brena
PR - Dietmar Berron-Brena, Till Gombert
Programmheftredaktion - Dietmar Berron-Brena, Sven Graf, Bernd Falk

 

  

 

 

 

 



KARTEN

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VORFÜHRUNGEN

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PRESSESTIMMEN

zur Inzenierung von 'Wer hat Angst vor Virginia Woolf?' hier.