Bühnenbau: Patrik Borgert Trailer: Till Gombert, Cosmea Spelleken
Aufführungsrechte: Jana-Maria Woyth, Berlin
Der Autor:
Melchior
Vischer war ein Prager Journalist, Lyriker und Dramatiker des frühen
20. Jahrhunderts, befreundet u.a. mit Franz Kafka. Er gilt als einer
der herausragenden böhmischen Dadaisten und Expressionisten.
Nach seiner Übersiedlung nach Deutschland in der Mitte der
1920er Jahre (u.a. Darmstadt und später bis zu seinem Tod 1981
in Berlin) machte er sich schnell einen Namen, u.a. auch als
Theaterregisseur. In der NS-Zeit galt sein Werk als „entartet“
und er erhielt Berufsverbot. Versuche nach 1945 u.a. beim Berliner
Ensemble wieder Fuß zu fassen scheiterten und er geriet
weitgehend in Vergessenheit.
Das Stück:
uraufgeführt
1925 in Darmstadt (u.a. mit Theo Lingen), danach nur noch einmal 2006
anläßlich der Fußball-WM in Berlin von einer freien
Gruppe auf die Bühne gebracht. Es wurde erst in den frühen
1980er Jahren literarisch wieder entdeckt und u.a. in den Verlagen
Kiepenheuer + Witsch und der Münchener Reihe „Texte der
Moderne“ in der „Edition text + kritik“ u.a. von
Prof. Klaus Ramm (Hamburg) und Dr. Hartmut Geerken (München)
editiert.
In
aus heutiger Sicht geradezu visionärer Weise beschreibt Vischer
in dem Stück, wie das Massenphänomen Profifußball
individuelle Sehnsüchte, Aufstiegswünsche und
Entfremdungserscheinungen quer durch alle Gesellschaftsschichten
kollektiv kompensiert und doch dem Profit unterwirft. Und er
beschreibt auch, wie der Fußball als Kulturexportware des
westlichen Kapitalismus seinen Beitrag dazu leistet, dortige
ursprüngliche eigenständige Kulturen unter seine Kuratel zu
nehmen und das Prinzip der Profitmaximierung weltweit zu etablieren.
Der Profifußball als Metapher und
Transmissionsriemen der Globalisierung des westlichen Wirtschafts-
und Wertesystems könnte man sagen:
Ein
proletarischer Zuhälter mit Fußballtalent läßt
sich als Profi kaufen und wird nach einer Verletzung wieder aus dem
System geworfen, versucht anschließend durch Reisen in die
„Dritte Welt“ zu sich selbst zu finden und schafft, indem
er seine Fußballleidenschaft mitbringt, dort Neugier und neue
Anreize, ebnet ungewollt den Talentspähern einen neuen Markt,
und nicht nur das: er schafft den Raum für einen grundlegenden
Wertebruch, in dem erfolgreiche Talente nun die Arbeit übernehmen,
die ursprünglichen Gesellschaftsformen nun den neuen
Anforderungen anzupassen: „Bäume werden zu Torstangen, die
Wälder zu Fußballplätzen und alle Indianer zu
Fußballspielern“.
Die Inszenierung:
versucht
nicht dem Stück in Sprache und Personensetting seine dem
deutschen Expressionismus zuzurechnende Struktur zu nehmen. Durch
einen gezielten Text-Strich und die Einarbeitung diverser Musik-und
Tanz Einlagen von Can Can bis zu Paso Doble wird allerdings eine eher
an eine Revue erinnernde, das Stück auflockernde
Aufführungs-Form gewählt. Auch sind in einigen wenigen
Passagen extemporierende Teile aufgenommen worden, die eine
Verbindung zur heutigen Fußball-und Fankultur herstellen und
damit die im Stück selbst bereits angelegte frappierende
Beschreibung der Mechanismen des Profifußballgeschäftes
vor fast 90 Jahren noch deutlicher herausarbeitet.
Dabei
wird nicht der Fußball in seiner faszinierenden Wirkung per se
diskreditiert. Alle im Stück dargestellten Figuren nutzen den
Fußball als Kompensationsmedium unerfüllter Sehnsüchte
und werden in dessen Ausdrucks-Form als Profigeschäft ein
zweites Mal von sich entfremdet. Dabei unterscheiden sich die
Wünsche, aber auch die Verhaltensmuster der „westlichen“
Protagonisten im Grunde nicht von denen der „Indianer“,
lediglich die religiösen, philosophischen und kulturellen
Begründungen differieren.
Es
gibt so keine „Guten“, und keine „Schlechten“,
Täter sind Opfer und Opfer werden zu Tätern und indem sie
allesamt versäumen, miteinander ins Gespräch zu kommen, vor
allem bewußtseinslos ihren eigenen verdrängten Sehnsüchten
nachjagen, erschaffen sie in komischer Tragik den Erfolg des Systems,
das sie gerade hindert, ihre Sehnsüchte wirklich leben zu
können.
Nahezu
zwangsläufig erhalten viele der Figuren somit geradezu clowneske
Züge des Scheiterns. Und wenig überraschend finden wir auch
bei den Indianern eine Clownskultur, die der uns bekannten
entspricht.
Der
Okipa-Narr der Cheyenne, der z.B. rückwärts spricht, immer
das Gegenteil von dem tut, was er will, ja sogar in seiner
Erscheinungsform als Frau besonders männlich auftritt und erst
nach seiner „Bändigung“ durch die Frauen wieder in
seine normale gesellschaftliche Rolle zurück finden kann ist uns
bei der Recherche zum Stück über den Weg gelaufen - und
fand so seinen Eingang in die Inszenierung, wie auch die bei uns
herkömmlich bekannten Dummen Auguste und Weißclowns immer
wieder unter den Kostümen einzelner Figuren hervorwinken dürfen.
Und
natürlich durfte auch ein schelmischer vergleichender Blick auf
die Geschlechterverhältnisse in den scheinbaren Männerdomänen
„Fußball“ und „Indianerkrieger“ nicht
fehlen, zumal bereits bei Vischer die erste „Profimittelstürmerin“
sich in der Männermannschaft (!) ins Getümmel werfen darf.
Gewürzt
werden die Aufführungen durch die örtlich unterschiedliche
Einbeziehung von Jugendlichen aus Fußballvereinen, Musikgruppen
usw. in die Inszenierung.
Herzlich gedankt
werden muß an dieser Stelle Herrn Prof. Ramm und Herrn
Dr. Geerken, die uns sehr zugetan und engagiert bei der Recherche
nach den Aufführungsrechten geholfen haben.
Ferner ganz ausdrücklich danken wir Frau Jana-Maria Woyth aus Berlin, der
Tochter von Melchior Vischer, die uns spontan die Rechte zu
günstigen Bedingungen überlassen und unsere
Inszenierungsidee sofort einschränkungslos unterstützt
hat!
Dann natürlich den Leitern des Freiburger Haus der
Jugend, hier v.a. Frau Ronja Posthoff, die uns sofort die
Bespielung des Atriums für die Premiere zusagte und den
Verantwortlichen in Förder- und Gesamtverein des
Fußball-Landesligisten SpVgg Untermünstertal, hier v.a.
Herrn Wiesler und Herrn Vetter, die die Idee ihr Stadion als
Theaterspielstätte „zweckzuentfremden“ sofort
faszinierend fanden und unterstützten.
Nicht vergessen
werden darf hier auch der Leiter des Tourismusbüros
Staufen-Münstertal, Herr Dr. Thomas Coch, der uns nicht nur
bei der Kontaktherstellung zur SpVgg Untermünstertal geholfen
hat, sondern wie bereits im letzten Jahr, als wir in Münstertal
auf dem Kaltwasserhof unsere „Geierwally“ aufführen
durften, mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern logistisch
und organisatorisch unterstützend zurSeite steht.
Daneben
gab und gibt es noch viele hier ungenannte helfende Hände, die
mit Rat und Tat, Sachspenden, Sponsoringpartnerschaften und
sonstigen Aktivitäten ihren Beitrag geleistet haben,ohne den
eine solche Produktion für einen kleinen Amateurtheaterverein,
wie den unsrigen, nicht möglich wäre.
Und natürlich
freuen wir uns auf die Dernière im Städtischen Stadion
von Kirchheim/Teck, wo uns nun schon zum dritten Mal seit 2008 die
Ehre zuteil wird, als Theaterrepräsentant der dortigen Aktion
„Kirchheim holt die Stühle raus“ vor großem
Publikum auftreten zu dürfen. Dies umso mehr, als der
dortige Kulturamtsleiter, Herr Brenner, erneut die „Katze im
Sack“ zu kaufen bereit war, da bei uns immer mit „spannenden
Verrücktheiten“ gerechnet werden dürfe.
Wir
hoffen, auch diesmal diesem „hohen“ Anspruch gerecht
werden zu können.
Veranstaltungspartner:
Jugendbildungswerk
Freiburg im Haus der Jugend, FAM e.V. Förderverein der SpVgg
Untermünstertal (Landesliga), Tourist-Information
Münstertal-Staufen, Kulturamt Kirchheim/Teck
KARTEN
Informationen zum Kartenvorverkauf finden Sie in der örtlichen Presse.